Sie halten den letzten Tankbeleg des Monats in der Hand. Sie zücken Ihr Handy, scannen den Beleg mit einer App ein und schon landet er digital und sicher genau da, wo er hingehört. Und jetzt kommt der beste Teil: Sie können das knittrige Original danach einfach wegwerfen. Aber ist das auch erlaubt? Oder riskieren Sie bei der nächsten Betriebsprüfung ein böses Erwachen? Die kurze Antwort lautet: Ja, Sie dürfen! Aber nur, wenn Sie es richtig machen.

Was sind die GoBD eigentlich?

GoBD steht für „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“.

Hinter diesem sperrigen Namen verbirgt sich eine Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums. Es ist kein Gesetz, aber es legt fest, wie das Finanzamt die Gesetze zur Buchführung im digitalen Zeitalter auslegt. Für jeden Unternehmer ist dieses Regelwerk daher faktisch bindend. Im Kern stellen die GoBD sicher, dass digitale Unterlagen dieselbe Beweiskraft und Nachvollziehbarkeit besitzen wie ihre Papiervorbilder.

Das „ersetzende Scannen“

Der offizielle Begriff für das, was Sie tun möchten – ein Papierdokument scannen und es dann vernichten – lautet „ersetzendes Scannen“. Und ja, es ist erlaubt. Allerdings knüpft das Finanzamt dies an einen lückenlos dokumentierten und nachvollziehbaren Prozess.

Ein schneller Scan aufs Handy und eine Mail an den Steuerberater reichen hierfür nicht aus. Folgende Schritte sind entscheidend:

Schritt 1: Die zeitnahe und korrekte Digitalisierung

Der erste Schritt ist der Scan selbst. Hier gelten zwei Grundregeln:

  • Zeitnah: Der Beleg muss zeitnah nach seinem Eingang oder seiner Entstehung erfasst werden. Für unbare Geschäftsvorfälle (z.B. Eingangsrechnungen) gibt es etwas Spielraum, bei baren Vorgängen (Kassenbelege) gilt eine Frist von 10 Tagen.
  • Korrekt: Der Scan muss eine originalgetreue, lesbare und vollständige Kopie des Belegs sein. Gibt es Informationen auf der Rückseite, müssen auch diese gescannt werden. Spielt die Farbe eine Rolle (z.B. bei Korrekturen oder Minus-Beträgen), ist ein Farbscan Pflicht. Als Format hat sich das langzeitarchivierungsfähige PDF/A-Format bewährt.

Schritt 2: Die revisionssichere Archivierung

Dies ist der wichtigste und technisch anspruchsvollste Teil. Ein gescannter Beleg muss so gespeichert werden, dass er für die gesamte Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist (meist 10 Jahre) absolut sicher ist. „Revisionssicher“ bedeutet dabei konkret:

  • Unveränderbar: Einmal archiviert, darf der Beleg nicht mehr heimlich verändert oder gelöscht werden können. Jede Änderung muss protokolliert werden.
  • Auffindbar: Ein Prüfer muss jeden Beleg über eine Suchfunktion (Index) schnell finden können.
  • Nachvollziehbar: Das System muss protokollieren, wann ein Dokument erfasst, eingesehen oder verändert wurde.
  • Maschinell auswertbar: Die Daten müssen für den Betriebsprüfer exportierbar sein.

Wichtig: Ein normaler Ordner auf Ihrem PC oder ein Standard-Cloud-Speicher (wie eine private Dropbox oder Google Drive) erfüllt diese Anforderungen nicht.

Schritt 3: Die Verfahrensdokumentation

Die Verfahrensdokumentation ist das Drehbuch Ihres gesamten Digitalisierungsprozesses. Sie beschreiben darin von A bis Z, wie Ihr Unternehmen mit digitalen Belegen umgeht. Dieses Dokument beweist gegenüber einem Prüfer, dass Sie nicht willkürlich, sondern nach einem durchdachten und kontrollierten System arbeiten.

Eine gute Verfahrensdokumentation beantwortet unter anderem folgende Fragen:

  • Wer ist für das Scannen und die Kontrolle verantwortlich?
  • Was für Belege werden gescannt?
  • Wann werden sie gescannt (z.B. täglich, wöchentlich)?
  • Wie wird gescannt (Hardware, Software, Auflösung, Farb-Einstellungen)?
  • Wo werden die digitalen Belege revisionssicher archiviert?
  • Wie wird sichergestellt, dass die Scans vollständig und lesbar sind (Qualitätskontrolle)?
  • Was passiert mit den Originalen nach dem Scan (z.B. „Vernichtung nach 4 Wochen“)?

Diese Dokumentation muss aktuell gehalten und für einen Prüfer jederzeit verfügbar sein.

Wenn das Finanzamt „Nein“ sagt

Was passiert, wenn der Prozess fehlerhaft ist? Wenn die Verfahrensdokumentation fehlt oder die Archivierung nicht revisionssicher ist, kann das Finanzamt die Beweiskraft Ihrer Buchführung anzweifeln.

Im schlimmsten Fall wird die gesamte Buchführung als nicht ordnungsgemäß eingestuft. Dies gibt dem Finanzamt das Recht, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen (eine sogenannte Hinzuschätzung). Das Ergebnis sind fast immer empfindliche Steuernachzahlungen und unter Umständen sogar Säumniszuschläge.

Können Belege jetzt einfach in den Müll?

Ja, das dürfen Sie! Die große Erleichterung des papierlosen Büros ist, dass Sie Ihre Originalbelege nach dem Scannen entsorgen können.

Aber Vorsicht: Diese Freiheit ist an klare Regeln gebunden. Damit das Finanzamt Ihre digitalen Belege anerkennt, braucht es einen sauberen, nachvollziehbaren und lückenlos dokumentierten Prozess. Nur so ist sichergestellt, dass Ihre digitalen Daten rechtlich standhalten.

Der Aufwand, diesen Schritt einmal richtig umzusetzen, lohnt sich. Sie sparen Platz, Zeit und vermeiden Ärger bei der nächsten Betriebsprüfung.

Wir unterstützen Sie dabei, diesen Weg GoBD-konform zu gehen. Kontaktieren Sie uns über das Kontaktformular.

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